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Blog | 04.05.2023

Interview mit Bernhard Ludwig Rieger

Der Künstler Bernhard Ludwig Rieger belebt die Lüftlmalerei im Alpenraum mit seinen einzigartigen Ideen und innovativen Gestaltungstechniken neu und erhält diese historische Volkskunst des Alpenraumes so am Leben. Traditionell verwendet man bei dieser Kunstform mineralische Farben und zeigt meist bäuerliche und religiöse Motive, wie es bereits im 18. Jahrhundert üblich war. Doch Rieger betrachtet sich selbst als "Alpen-Streetart-Künstler", der dieser Kunstform eine zeitgemäße Note verleiht und sie so zu einem Teil der Gegenwartskunst macht.

 

Bildrechte: Bernhard Ludwig Rieger

Website: www.alpenterieur.com
Instagram: @bernhard.rieger.3

Weitere Bildrechte:
Bernd Römmelt Fotografie
Gert Krautbauer, Bayerntourismus
P. Kornatz Fotografie
LS Photography Sandra Wörnle
Atelier Bernhard L. Rieger

Wie bist du zu deinem jetzigen Beruf gekommen?

Diese Frage höre ich oft von meinen Kunden. Ich frage mich dann, welchen Beruf ich ausüben würde, wenn ich nicht meinen derzeitigen Beruf ausüben könnte. Festlegen konnte ich mich nie, aber eins ist sicher, dass ich in meinen jetzigen facettenreichen Tätigkeitsumfeld all meine Erfahrungen aus den vielen verschiedenen Kreativ- und Handwerksberufen einfließen lasse. In den ersten Jahren habe ich tiefgehende Einblicke in die wichtigsten Sparten des Bau- und Kunsthandwerks erhalten, indem ich mitgearbeitet und das Gewerk für mich erkundet, oder besser gesagt intensiv für meine Intentionen hinterfragt habe. Dadurch konnte ich lernen, was ich für meine Arbeit benötige, wo Schwachstellen sind und welche Arbeiten ich abgeben kann. Da Handwerk und Landwirtschaft seit Generationen in beiden Familien meiner Eltern verwurzelt sind, war es absehbar, dass auch mein Bruder und ich uns in diese Richtung entwickeln würden. Bei mir dauerte es allerdings länger, bis ich meinen Weg gefunden habe und erst eine Phase der Selbstfindung durchlaufen musste. Auf jeden Fall würde ich sagen, dass ich in meinem Fall von einer Berufung sprechen würde. Schon im Alter von 4 Jahren fand ich den Kindergarten zu wenig anspruchsvoll und sah in der Malerei eine Leidenschaft. So habe ich kurzerhand mein Atelier und meinen ersten Arbeitsplatz unter der Eckbank des Küchentisches eingerichtet - mein erster "Workspace", wie man heute sagen würde. 
Dank meiner kreativen Fähigkeiten und harter Arbeit bin ich in jungen Jahren in die Selbstständigkeit gestartet. Ohne jegliche finanzielle Unterstützung habe ich mich früh auf eigene Beine gestellt und gelernt, selbstständig und diszipliniert zu arbeiten. Schon während meiner Schulzeit verdiente ich durch Auftragsarbeiten in unserer Region mein erstes Geld und finanzierte meine Arbeit als vielseitiger und bereits bekannter Auftragsmaler. So nahm meine Entwicklung als Lüftlmaler Fahrt auf. Die Ausführung dieser großflächigen Malereien sehe ich für mich schon fast wie Meditation: ich blühe im Prozess des Malens auf und befinde mich in einem Wohlfühlzustand, versetze mich gedanklich in das Motiv und das Thema.

Wie läuft die Vorbereitungsphase bei einem Projekt ab? Wie lange dauert durchschnittlich ein Projekt? 

Bei größeren Projekten fließen etwa die Hälfte der Zeit in die Phase der Ideenfindung, Korrespondenz mit dem Auftraggeber und in die Vorarbeiten wie Entwürfe und Planungen ein. 
Ich arbeite hart an der Vorbereitung meiner Aufträge, insbesondere bei Fassadengestaltungen mit Schwerpunkt der bei uns allseits bekannten und typischen Lüftlmalerei. Jeder neue Auftrag ist aufregend für mich, da ich etwas Neues erschaffen und somit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt alpenländischen Kulturgutes leisten kann. Durch meine akribische Vorbereitung und Planung kann ich sicher und fokussiert arbeiten, ähnlich wie ein Bergsteiger, der den Aufstieg zu einem unbekannten Gipfel plant und vorab durchspielt. Das Ziel ist mein fertiges Gemälde, das ich dabei stets vor Augen habe. 

„Die Ausführung meiner Malereien sind für mich Meditation, ich blühe im Prozess der Malens total auf, begebe mich in einen Zustand absoluten Wohlbefindens und empfinde innere Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Oder in den Worten Winston Churchills: Malen ist die vollkommene Erholung. Ich kenne nichts, das den Geist vollständiger in Anspruch nimmt, ohne den Körper zu erschöpfen.“

Welches war bisher dein größtes/schönstes Projekt?

Für mich ist jedes Projekt, unabhängig von seiner Größe, etwas Besonderes und mit schönen Momenten und Erinnerungen verbunden. Es macht mir irrsinnig Spaß, meine Ideen und Fähigkeiten einzubringen, um den Menschen langanhaltende Freude zu bereiten und ihre Umgebung zu bereichern. Besonders reizvoll sind für mich Fassadengestaltungen in meiner Heimat, eben die Lüftlmalerei, bei denen ich alte Traditionen auf meine Art weiterleben und die Ortsansichten prägen darf.

Ich hatte jedoch auch einige sehr spezielle Projekte, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind. So habe ich beispielsweise die nördlichste Lüftlmalerei im deutschsprachigen Raum am Fuße des Siebengebirges ausgeführt, für den bayerischen Wirtschaftsminister ein Gastgeschenk für China angefertigt und den bekanntesten Maibaum Bayerns am Münchner Viktualienmarkt bemalt.

Das Highlight meiner bisherigen Laufbahn war jedoch ein Projekt, bei dem ich beauftragt wurde, ein neu errichtetes Chalet-Anwesen im alpenländischen Stil komplett zu bemalen. Der Kunde gab mir freie Hand in der Gestaltung, gab lediglich das Rittertum und Bayerns einstige Monarchie als mögliches Thema an und ich schlug sofort vor, das Thema der Malereien rund um die Geschichte und die Traumwelten König Ludwig II. zu gestalten, da ich mich in meiner Freizeit und darüber hinaus auch in meiner künstlerischen Arbeit gerne mit dem Leben und Wirken Ludwigs II. in meiner Heimat, der Zugspitzregion, befasse. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren habe ich so über 230 Quadratmeter Fassadenfläche naturalistisch und detailliert bemalt und konnte meine Ideen und Vorstellungen verwirklichen, historische und idyllische Ansichten aus meiner Heimat und das ein oder andere bekannte Bauwerk des Märchenkönigs in verträumte Bergkulisse an der Fassade im romantischen Stil ausführen.

Was sind häufig die größten Schwierigkeiten? Gibt es Momente, in denen du dir manchmal lieber einen anderen Beruf wünschen würdest?

Ich sehe es als meine Aufgabe an, die Lüftlmalerei am Leben zu erhalten. Obwohl die Bemalung von Fassaden durch Dekorations- und Schmuckmalerei oder ganzen Szenerien in den letzten 30 Jahren aus der Mode gekommen ist, war es früher ein Aushängeschild für Gebäude und eine Bereicherung für Straßen und Ortsbilder. Heute bauen wir hauptsächlich für uns selbst und nicht mehr für das Gemeinwohl. Ich möchte durch zeitgenössische Impulse und Einflüsse die alten Überlieferungen und Techniken der früheren Generationen am Leben erhalten. Ich sehe dies als Pionierarbeit an, aber ich glaube, dass die Gestaltung von Fassaden im ländlichen Bereich ein Revival erleben wird, ähnlich wie bei der Street- und Urban Art in Ballungszentren. Ich wünsche mir, dass die realistische Bildsprache in der Kunst wieder in den Fokus rückt und der Abstraktion den Rücken kehrt, um das handwerkliche Geschick und Talent der Künstler hervorzuheben. Kunst lebt nicht von der Theorie der Kunstgeschichte, sondern von den Künstlern, die diese praktizieren.

Als Künstler ist es oftmals schwierig, Kunden und Auftraggebern die eigene kreative Vision zu vermitteln und zu verkaufen. Es erfordert gegenseitiges Vertrauen und das Verständnis der Kunden für die Kunst und das Schaffen des Künstlers. Der Prozess der Vorbereitung und Umsetzung eines Projekts nimmt viel Zeit und Mühe in Anspruch, aber die emotionale und mentale Belohnung sowie die positiven Rückmeldungen der Betrachter beflügeln mich immer wieder aufs Neue mit meiner Kunst weiterzumachen.

Wie fühlt es sich an, wenn ein Kunstwerk vollendet ist?

Künstlerisch tätig zu sein bedeutet für mich mehr als nur Bilder zu schaffen, für mich ist die Kunst nicht das Ziel, sondern der Weg, besser gesagt der Prozess, bis ein Werk überreicht wird. Wenn ich ein Kunstwerk fertigstelle und es dem Kunden übergebe, bedeutet das ganz tief in mir aber noch nicht, dass es vollendet ist. Die meisten Künstler würden mir hier zustimmen. Wenn ich an einem Projekt arbeite, spüre ich persönlich, wenn ich fast am Ende bin und zum Abschluss komme und beginne dann bereits über ein neues Projekt nachzudenken. Der Weg eines Projekts und der Prozess vom ersten Kundenkontakt bis zur Ausführung sind das, was mich nach 20 Jahren Selbstständigkeit immer noch an meiner Arbeit reizt. Das Ziel, das ich erreiche, wenn der Kunde das fertige Gemälde betrachtet und zufrieden ist, gibt mir ein angenehmes Gefühl. Aus diesem Zustand hole ich meine Energie für neue Herausforderungen und Projekte.

„Für mich bedeutet Kunst mehr als Bilder zu schaffen, eben das Sichtbare der Kunst, das Bildnis selbst - der Weg dorthin, der Prozess zum fertigen Werk, stellt für mich in meiner Kunst den eigentlichen Fokus meines Schaffens dar.“

Wie würde dein Traumobjekt aussehen, wenn du dir ein Projekt wünschen dürftest?

Es ist schwierig zu sagen, wo ich arbeiten würde, da es von der Tagesverfassung und Orientierung abhängt. Jedoch sollte der Ort impulsiv und gesellschaftlich interessant sein, wo Kulturen, Generationen und Emotionen aufeinanderprallen, wie z.B. öffentliche Gebäude, Schulen, soziale Einrichtungen oder Gotteshäuser. Es wäre ideal, wenn es keine finanziellen Einschränkungen geben würde, um freier arbeiten zu können. Berühmte Objekte sind auch wichtig für die Öffentlichkeitsarbeit, wie bei Christo und seinen Verhüllungen. Für mich ist es wichtig, dass das Projekt harmonisch abläuft und das Gebäude und die Kunst im Fokus stehen.


Was macht dir bei deiner Arbeit am meisten Spaß?

Ich genieße meine Arbeit als Künstler sehr, es kommt mir hin und wieder wie ein Hobby vor, dass ich ausleben darf, es ist nun mal meine Berufung, und manchmal fühle mich dann tatsächlich wie als Kind das Vorfreude auf ein besonderes Ereignis hat, wenn es wieder an einen besonderen Auftrag geht. Es erfordert jedoch viel Disziplin, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Ich liebe es, anderen mit meiner Kunst Freude zu bereiten, sei es durch meine Ideen oder durch Kundenaufträge. Es macht mir auch riesigen Spaß, aus dem Nichts etwas Neues zu schaffen und neue Herausforderungen anzunehmen. Aber es gibt auch Momente des Zweifelns und Überforderung. Insgesamt überwiegt jedoch die Freude, die ich aus meiner Arbeit ziehe, und wenn eine Arbeit erfolgreich abgeschlossen wird, fühle ich eine tiefe innere Zufriedenheit.

Bernhard Rieger im Interview mit dem BR

 

 

Was begeistert dich an unseren Farben?

Ich war von Anfang an von der Historie von KEIM und der Geschichte rund um A.W. Keim fasziniert. Als ich vor gut 25 Jahren meine Arbeit an Wänden begann, kannte ich den Begriff KEIM nur durch einen Kirchenmaler und Restaurator, der mich immer wieder auf die Produkte von KEIM aufmerksam machte, wenn es um Qualität und hochwertige Anstriche sowie Künstlerfarben ging. In meinen Anfängen arbeitete ich noch mit Acryl- und Dispersionsfarben.

Ich stellte dann schnell fest, dass die verschiedenen Anstrichsysteme von KEIM für meine Ansprüche und Arbeiten viel besser geeignet sind da sie extremen Bedingungen Stand halten und mir genau das liefern was ich von einer Farbe für meine Kunst an der Fassade erwarte . Ich begann mit meinen ersten Gehversuchen mit Malgründen, Anstrichen und Farben von KEIM zu arbeiten. Heute sind die Produkte für mich unverzichtbar, wenn es um meine Arbeit im Bereich der Fassaden- und Wandmalereien geht.

Bei KEIM fasziniert mich besonders, dass ich mit den modernen Farbsystemen und traditionellen Farbtönen ein zeitgenössisches Wandbild mit historischem Charakter gestalten kann. Die Grundfarben haben sich über Generationen bewährt und passen zu jeder Art von Gebäude bzw. Gestaltungsidee. Sie sind in ihrer Farbbrillanz, Haltbarkeit und Verarbeitung unübertroffen und wurden kontinuierlich weiterentwickelt, um den zeitgemäßen Anforderungen gerecht zu werden. Die Qualität der Produkte wird durch diese kontinuierliche Weiterentwicklung bestätigt.

Mit welchen KEIM Produkt arbeitest du am liebsten?

Ich arbeite sehr gerne mit dem ursprünglichsten Farbsystem von KEIM, dem Purkristalat. Ich liebe es, das Farbpulver einzuweichen und die wunderbare Farbwiedergabe dieses Materials zu sehen. Es macht mir einfach Freude, wenn ich bei der Arbeit an einer Wandgestaltung am Gerüst stehe und das Farbpulver mit dem Fixativ anrühren und auf die Wand auftragen kann. Da die baulichen Gegebenheiten für die Verwendung dieses ursprünglichen Systems heute meist im Neubau nicht mehr gegeben sind, kommt diese Farbe leider seltener zum Einsatz.

Für mich ist die über Jahrhunderte bewährte Farbtonauswahl von KEIM der Schlüssel zu meinen Lüftlmalereien, da sich damit meine Gemälde gestalterisch und farblich in die Runde historischer Malereien unserer Region einreihen lassen. So kann ich den Fortbestand der "Lüftlmalerei" als wichtiges Kulturgut und künstlerisches Erbe in Bayern und dem Alpenraum gewährleisten. Obwohl Keim-Farben weltweit für künstlerische Arbeiten eingesetzt werden, ist der spezifische Lokalkolorit der Lüftlmalerei in meiner Heimat für mich von größter Bedeutung.

Ich kann mir meine Arbeit, insbesondere im Außenbereich, ohne KEIM-Farben nicht mehr vorstellen. Die Firma bietet nicht nur technischen Support, sondern auch eine familiäre Atmosphäre und offene Kommunikation. Sehr zu empfehlen sind speziell das umfangreiche Angebot von Workshops und Seminaren zur praktischen Anwendung der KEIM-Produkte in Kunst und Handwerk in der hauseigenen KEIM-Akademie.

Fotogalerie - Bernhard Rieger

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